Informationen und theoretische Grundlagen der Brainwaves
Wer Ohren hat, der höre
Bestimmte Rhythmen verändern den Bewusstseinszustand sehr rasch – das wussten schon unsere Ahnen, und bei bestimmten Naturvölkern wird diese Technik noch heute angewandt. Kein Wunder, denn die ersten Geräusche im Mutterleib sind hochgradig rhythmisch. Gleichförmige Beats sind eine der tiefsten Prägungen, die wir haben.
Wie wir wissen, schwingen unsere Gehirnzellen, je nach Bewusstseinszustand, in genau bestimmten Frequenzbereichen. Eine sehr zuverlässige Methode, das Gehirn zu stimulieren, funktioniert rein über akustische Signale. Die entsprechende Technik wurde entwickelt von Robert Monroe. Der erwachte eines Nachts und schwebte mit der Nase direkt unter der Schlafzimmerdecke. Als er sich vorsichtig umdrehte, stellte er fest, dass sein Körper wie gewohnt neben seiner Frau im Bett lag und friedlich schlief.
Fasziniert von dieser außerkörperlichen Erfahrung, lernte Monroe alles, was es zum Gehirn zu lernen gab, und stieß dabei auch auf die EEG-Forschung und die Gehirnfrequenzen. Ihm fiel auf, dass seine Erfahrung begleitet war von rhythmischen Schüben. Sein Rückschluss lautete, dass es doch möglich sein müsse, diese Frequenzen von außen einzuspielen, und so das Gehirn in bestimmte Zustände zu versetzen. Als Elektrotechniker war Monroe genau der richtige Mann dafür: Er erkannte rasch, dass es nichts bringen würde, diese Frequenzen als Töne zu transportieren, da der hörbare Bereich für den Menschen erst bei ca. 25 Hz beginnt.
Bei seinen weiteren Überlegungen kam er zu dem Schluss, dass es, ähnlich wie beim Stimmen einer Geige, möglich sein könnte, die Frequenz als Schwebung zweier Töne zu transportieren. Und er hatte Recht. Wenn Sie zwei Stimmgabeln aneinander halten, dann hören Sie ein Pulsieren, das genau der Differenz der beiden Töne entspricht.
Haben Sie zum Beispiel 108 und 116 Hz, pulsiert diese Schwebung acht mal pro Sekunde. Entsprechend dazu entwickelte Monroe eine Stereotechnik, die auf dem einen Kanal beispielsweise einen Ton von 400 Hz spielt, und auf dem anderen Kanal einen Ton von 410 Hz. Erst im Gehirn bildet sich der dritte Ton, der aus der Differenz der beiden anderen entsteht und in unserem Beispiel 10 Hz beträgt.
Sein System wurde überprüft und für gut befunden. Das Gehirn hat tatsächlich die Tendenz, sich an vorgegebene Rhythmen anzupassen und in die entsprechenden Zustände zu gehen. Das ist bei weitem nicht so neu, man findet diese Technik in vielen Ritualen der Naturvölker. Beispielsweise reist jeder Schamane auf dem Rhythmus einer Trommel in andere Welten.
Hemi-Sync
Ein wünschenswerter Nebeneffekt besteht darin, dass die beiden Hemisphären, die normalerweise nicht gemeinsam arbeiten, durch diese Stimulation in den Zustand der Kohärenz kommen, also synchron schwingen, was den Vorteil hat, dass beide Gehirnhälften miteinander kooperieren – ein seltener und erlesener Zustand.
Damit war der Name klar, Monroe nannte sein System HemiSync. Die Technik ist soweit entwickelt, dass das Monroe Institute bei gleichzeitiger EEG-Überwachung und Stimulation seinen Kunden inzwischen innerhalb einer Woche außerkörperliche Erfahrungen beibringen kann.
In einem solchen Zustand tiefer Versenkung sind natürlich auch Suggestionen bei weitem wirksamer und entfalten einen hypnotischen Effekt.
Alles schwingt
Durch die Kommunikation der Neuronen untereinander entstehen Schwingungen, die erstmals 1924 durch den deutschen Arzt Hans Berger in Jena entdeckt wurden. Sie lassen sich am EEG ableiten und beobachten. Bis vor 30 Jahren dachte man, diese Schwingungen gehörten zum Autonomen Nervensystem und lägen damit außerhalb des bewussten Einflusses. Doch die Biofeedbackpioniere Elmar und Alyce Green kamen in den 70ern zu ganz anderen Ergebnissen.
Bei ihrer Arbeit mit Zenmönchen stellten sie erstmals fest, dass ein Mensch ganz bewusst auch den Thetazustand erreichen kann. Natürlich durch massives Training, aber immerhin: Das war neu.
Die Gehirnfrequenzen werden in vier Bereiche unterteilt:
■ | Im Schlaf schwingen die Neuronen zwischen 0,5 und 4 Hz, das heißt bis zu vier mal pro Sekunde. Dieser Bereich wird Delta-Bereich genannt. Der Körper erholt sich, Selbstheilungskräfte sind aktiviert, das Bewusstsein liegt im Tiefschlaf oder auch im Koma. |
■ | Während tiefer Trance, in Hypnose und in sehr tiefer Meditation schwingen die Neuronen in Theta, zwischen 4 und 7 Hz. Theta ist ein zweischneidiges Schwert, in den Staaten gibt es derzeit eine große Diskussion darüber, wie es zu bewerten sei, denn es scheint gutes und schlechtes Theta zu geben. Schlechtes Theta tritt vereinzelt in bestimmten Gehirnregionen auf, hat eine niedrige Amplitude – also einen niedrigen Ausschlag am Bildschirm – und bietet daher wenig Energie. Menschen mit regelmäßigem schlechten Theta leiden an Konzentrationsschwäche und Motivationslosigkeit. Gutes Theta, und das ist unser Thema, tritt in beiden Hemisphären großflächig auf und hat eine hohe Amplitude, also viel Energie. In diesem Bereich lassen sich Informationen, die nicht kognitiv verarbeitet werden müssen, am besten aufnehmen. Bei Erwachsenen lässt sich (gutes) Theta meist nur noch kurz vor dem Einschlafen oder kurz vor einem Aha-Effekt, wenn die Kreativität am größten ist, messen. Kinder dagegen sind sehr häufig in Theta, unabhängig von ihrer Tätigkeit. Hier scheint ein magischer Bereich zu existieren, der uns Erwachsenen im Laufe unserer persönlichen Evolution abhanden kommt. Theta ist der vielleicht interessanteste Frequenzbereich, da er einen Schlüssel zum Unterbewussten bietet. Phantasie und Bilderwelt sind hier am meisten ausgeprägt. Aufgrund der Korrelation Kindheit-Theta tauchen in diesem Zustand oft Kindheitserinnerungen auf, denn Theta ist der Speicher aller Erinnerungen. Mit Speicher ist hier nicht die digitale, sondern die staubige Version gemeint. Die Greens stellten fest, dass sehr weit fortgeschrittene Mönche mit fünfzehn Jahren Erfahrung und mehr, in der Meditation in Theta gelangten. Bei weniger erfahrenen Mönchen waren Alphawellen dominant. |
■ | In konzentrierten Phasen, bei nach innen gerichteter Aufmerksamkeit und der leichten Meditation zeigen sich im EEG Frequenzen von 7 bis 12 Hz, dem Alpha-Bereich. Als er entdeckt wurde, kam es zu Sensationsmeldungen wie Alpha – the royal route to Nirvana. Tausende von Menschen besorgten sich ein EEG-Biofeedback-Gerät und entdeckten, dass sie ihr Gehirn in einen ruhigen und entspannten Zustand bringen konnten. Aber das war auch schon alles. Kein Nirvana. Die Enttäuschung war so groß, dass die Zahl der Alpha-erforschenden Wissenschaftler innerhalb kürzester Zeit von 6.000 auf 12 sank und die positiven Auswirkungen der Thetafrequenzen kaum bemerkt wurden. Hier beginnt die Geschichte der Greens. Wenn auch die Erleuchtung woanders zu suchen ist, vielleicht nicht einmal im Gehirn, hat Alpha doch seine Vorteile: es ist genau der richtige Zustand, um aktiv zu lernen und Informationen zu bearbeiten. Gehirn und Benutzer befinden sich in einem entspannten und doch energetischen Zustand. Hier zeigt sich, wie nahe Meditation und Konzentration beieinander liegen. Konzentration ist im oberen, Meditation im unteren Alphabereich angesiedelt, die Grenze ist fließend. Die Biofeedbackforscherin Barbara Brown beschreibt Alpha-dominante Personen als logisch, intellektuell angeregt, gefühlsbetont, gehobener Stimmung, träumerisch, tolerant und phantasievoll. Ein Zustand, in dem man öfter sein sollte. Zuwenig Alphaaktivität steht für Stress und erhöht die Anfälligkeit für Krankheiten. |
■ | Leider verbringen wir Erwachsenen, die wir nicht regelmäßig meditieren, unseren Alltag meist im unsynchronisierten Beta-Bereich, zwischen 12 und 32 Hz Die Aufmerksamkeit ist nach außen gerichtet und je höher die Frequenz, um so hektischer wird das Verhalten. Aber natürlich haben Betafrequenzen ihren Sinn, nicht nur kurz nach dem Aufstehen, wenn zumindest ich gerne in Beta wäre, mein Gehirn sich allerdings noch nicht von Theta lösen kann. Auch Beta hat zwei Seiten. Es kann bei hoher Amplitude für Wohlgefühle, hohe Konzentration auf die Umgebung, Wachheit und gezielte Aktion stehen. In einem Biofeedback-Training mit hyperaktiven Kindern (die sehr häufig schlechtes Theta haben und ihre geistige Stagnation durch körperliche Aktion ausleben) auf Beta, stellte man eine IQ-Steigerung von 25% fest. Und um wirklich wach zu sein, ist Beta unentbehrlich. |
■ | Es gibt einen Zwischenbereich, der relativ neu ist: der sensory motor rhythm, kurz SMR. Der SMR liegt im unteren Beta an der Grenze zu Alpha, bei 13 bis 15 Hz. So bietet er das beste aus zwei Welten, steht für hohe Intelligenz und schnelle Reaktionen. In Untersuchungen mit Stimulation auf den SMR gingen bei den epileptischen Versuchspersonen die Anfälle rapide zurück. Den Zustand selbst vergleicht Michael Hutchison mit dem einer Katze vor einem Mauseloch: entspannt aber jederzeit bereit. |
Interessant wird es, wenn beide Gehirnhälften die jeweiligen höchsten Ausschläge, die Peaks, gemeinsam erreichen – dann spricht man von Hemisphärensynchronisation, einem sehr kraftvollen und geistig enorm potenten Zustand.